Mittwoch, 4. April 2007

Tue, 5 Dec, 23:30 - 028

Liebe Tina,

ich war leider seit gestern späten Nachmittag bis heute späten Nachmittag mehr oder minder unterwegs, teilweise unvorgesehen.

Gestern ab 19 Uhr Essen bei einem ORF-Angestellten, bei dem ich nicht nur immer wieder neue Personen kennenlerne, wie zum Beispiel gestern eine Biologin, die am AKH über Zöliakie forscht und ein Buch über Ernährung schreibt, sondern auch Bekannte von früher treffe.

Heute vormittag die ziemlich nervtötende „Protestversammlung“ . Die Gewerkschaftsvertreterin, die ich in der Früh angerufen habe, hatte plötzlich Fieber! Ich fand das verantwortungslos und war empört (wie auch die meisten Kolleginnen, mit denen ich geredet habe).

Und am Nachmittag der immer wieder aufgeschobene Besuch bei Dr. H., die mich damit genervt hat, daß sie zu ihrem Manuskript Sätze hören wollte, die sie sich selbst schon vorher ausgedacht hat. Da war es mir schon lieber, mich wieder einmal um ihren Internet-Anschluß zu kümmern, was insofern eine endlose Geschichte ist, als sie eine „Computer-Phobie“ hat. Sie glaubt, sie muß sich überhaupt für nichts interessieren und alles muß von selbst laufen. Schnippschnapp, und schon geht es. Und wenn es nicht geht, ist es schlecht, unnötig, verdammenswert. Auf den Punkt gebracht: sie lebt ziemlich realitätsfern in einem ziemlich aufgeplusterten „Philosophie-Land“.

Du fragst, wies mir geht: Jetzt fühle ich mich müde, da ich viel zu wenig geschlafen habe. Aber ich schreib jetzt weiter an dich, weil mich das positiv stimmt und die Müdigkeit vergessen läßt.

Wenn dein Vater Alkoholiker war und er zu deinen Kindheitserinnerungen gehört, kannst du auch nachfühlen, warum ich ein solch strikte Meinung dazu habe. Ich weiß – nicht nur wegen eines Schulfreunds -, wovon ich spreche. Mein Schwager lebt vom Alkohol, das heißt: er hat einen Heurigen (das ist das letzte Überbleibsel der Bauernwirtschaft, aber noch das einträglichste). Er ist nicht unbedingt ein Alkoholiker, aber – berufsbedingt – stets „gut aufgelegt“, wie er das nennt.

Im Institut wäre ich ständig umgeben von Raucherinnen. Ich wars früher, als ich an einem anderen Ort arbeiten mußte. Im Raucherzimmer ist es am lustigsten, so hieß es und heißt es noch immer. Doch ich habe die Raucherinnen, jedenfalls die im Institut, als egoistische Selbst- und Fremdkörperverletzer empfunden. Das habe ich auch gesagt, mit freundlicher Deutlichkeit, und immer nur Versprechungen zu hören bekommen: „Morgen höre ich auf! Für dich! Du wirst sehen!“ Nichts wurde gehalten. Dann habe ich die Konsequenzen gezogen. Jetzt bin ich davon nicht mehr direkt berührt.

Ich bin mit meinen vier Söhnen - und manchmal auch samt deren Freundinnen - häufig im Wienerwald auf verschiedene „Gipfel“ gestiegen. Wir sind auch mehrmals zur Hohen Wand gefahren. Das letzte Mal – vor zwei Jahren – sind wir dort auch über Nacht geblieben.

Mit dem Seelenmüll ist es so: Ich weiß ja nicht, zu welcher Tages- oder Nachtzeit du darin wühlen mußt (oder willst). Mich hats früher oft vor dem Einschlafen oder in der Früh – in der Dunkelheit, wenn ich zu früh aufgewacht bin – überfallen. Ich empfand mich oft ausgeliefert und hilflos. Das passiert jetzt nur mehr ab und zu. Ich hab zwei Methoden: ich mache – im wörtlichen Sinn – Licht und damit die Augen auf. Oder ich schreibe darüber (nur für mich). Die dritte, von früher: ich gehe zu „,meiner“ Therapeutin, was mir zwei Jahre lang sehr gut getan hat. Für mich die Hauptsache wäre, daß „es“ sich nicht zu lange aufbaut. Ich lasse mich den Zorn oder die Ungeduld oder die Vorwürfe nicht mehr gegen mich selbst richten. Ich habe es auch satt, über meine Unfähigkeiten, meine enttäuschten Hoffnungen usw. zu raunzen oder gar Selbstmitleid aufkommen zu lassen.

Es täte mir leid, wenn das jetzt überheblich klingen sollte. Ich wollte nur sagen, daß ich (Selbst-)Vernichtungswünsche zu vermeiden versuche und darauf setze, mich zumindest in mittlerer Stimmung mit Projekten zu befassen, die in die Zukunft reichen. Ein Nachteil: wenn du dich nicht mehr so tief sinken lassen willst, beschneidest du dir auch die Höhen. Schön ist aber, wie immer in letzter Zeit, der Gedanke an HWG und diejenige, die das so deutlich in mein Leben gebracht hat – eine Frau, namens ....!

Alles Liebe
ALEX
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