Dienstag, 13. März 2007

Wed, 29 Nov, 22:30 - 020

Liebe Tina,

ja, es hat mir gefallen, daß du geschrieben hast, daß du mein Mailchen vermißt hast. Warum? Weil vermissen ein Erwarten beinhaltet, zugleich auch im Gedanken vorweggenommenen Verlust und Bedauern darüber. Und Erwarten beinhaltet auch eine Sehnsucht.

Diese drei Wörter sind mir jetzt so hintereinander eingefallen, das heißt: ich habe sie bewußt in einen Zusammenhang gebracht: VERMISSEN, ERWARTEN, SEHNEN. Jetzt möchte ich wissen, wohin mich die Etymologie führt. Das ist keine Marotte! Denn die Wörter sind ja Hülsen für die Vergangenheit, transportieren den Lebenshauch aller Menschen, die sie jemals in den Mund genommen haben, mit sich und auch die Bedeutungen, die ihnen früher gegeben wurden. Es ist natürlich ein Luxus, sich dessen bewußt werden zu wollen. Aber ich gönne mir jetzt diesen Luxus, Sidestep oder auch Seitensprung.

Ich habe zwei - zusammen mehr als 1600 Seiten - dicke dunkelblaue Bände vom Akademie Verlag, Berlin, die ich oft und gern benütze. Unter VERMISSEN finde ich gar nichts, was mich nicht so erstaunt. Wohl aber unter MISSEN: vor 1100 Jahren heißts firmissen und bedeutet: "nicht treffen, verfehlen, nicht finden, übersehen, ermangeln". ERWARTEN finde ich natürlich auch nicht, sondern WARTEN, was um 800 "spähen, ausschauen nach, wahrnehmen, Anwartschaft haben, sich vorsehen, sorgen, pflegen" bedeuten konnte. Sich sehnen bzw. SEHNSUCHT ist sichtlich jünger. Sehnsucht wird ursprünglich als peinigende schmerzliche Krankheit vorgestellt, wegen SUCHT, was uns wieder ins 8. Jh. führt.

Du siehst, nicht immer gibt es etwas Neues, außer daß früher bei Sehnsucht mehr die Sucht im Mittelpunkt stand, was jetzt in den Hintergrund getreten ist, denn mein Synonymenlexikon gibt mir folgende Wörter an: Wunschtraum, Wunsch, Wille, Wehmut, Verlangen, Streben, Heimweh, Gier, Erwartung, Drang, Bestreben.

Ich habe zwar gewußt, daß sich alles Mögliche tut in der Stadt, hätte aber nicht gedacht, daß du dich da durch "Polizei-, Militär- und Sperrgitter" kämpfen mußt. Und dazu dein "mühevolles Vorwärtskommen" am Heimweg. Mich hat das stark an London dieses Jahres erinnert, vor allem an die Gegend um den Piccadilly Circus herum.

Tina, das ""Haus" auf dem Parlamentsdach" habe ich noch nicht bemerkt. Aber es gibt da oben meines Wissens eine Figurengruppe, und die könnte renoviert werden, "heimlich" demnach.

Fiaker kenne ich nur von außen, das heißt: ich bin noch mit keinem gefahren und habe auch noch mit keinem geredet. Manchmal habe ich sie auf dem Weg durch den 3. in den 10. Bezirk gesehen und mich gefreut, daß es Pferde in der Stadt gibt. Was ist übrigens ein deftiger Fiaker-Schmäh?

Heute war ich zweimal spaziergängerisch unterwegs: mittags auf dem Weg zur Bahnlinie, etwa eine halbe Stunde, wo ich bemerkte, daß nicht mehr viele Blätter auf den Sträuchern sind, aber der Liguster hält sich. (In den Straßen sind aber die Platanen noch gut belaubt.) Ich habe endlich den Besitzer eines Gartens, der etwa in der Mitte des Weges liegt, gesehen. Der ist mir schon immer ins Auge gestochen, im Sinne von: da drin würde ich mich gerne zwei-, dreimal pro Woche aufhalten, lesen, nachdenken, einfach da draußen.

Und drei Stunden später auf der Straße beim Institut: da bin ich genau in die untergangsbereite weiße Sonne hineinmarschiert, bis zum Donaukanal: ich war so schön geblendet, daß ich nur dunkle Schemen auf dem Gehsteig und auf der Straße gesehen hab. Und der Himmel so einfärbig blau, und quer drüber ein weißer zittriger Flugzeugstrich! Jeden Tag würde ich das brauchen, nicht nur das Gehen in der Sonne, sondern auch die Gedanken, die sich dabei herabsenken, sammeln und festsetzen!

GHO und sehr herzlich!
ALEX

PS: Ich war noch nicht bei Vollmond am Kahlenberg, kenne aber den "Nasenweg" über Leopoldsberg herunter, wenn's der ist, der vom Kahlenbergerdorf hinaufgeht.

Montag, 12. März 2007

Wed, 29 Nov, 13:10 - 019

Liebe Tina,

mein Zimmer ist nicht morbide, denn das Haus ist erst 8 Jahre alt.

Das Stehpult habe ich mir angeschafft, weil ich beim Lesen oder Schreiben stehen wollte. Die Idee basiert auf einem Gespräch mit einem Kollegen. Wir haben vor Jahren über den idealen Tisch gesprochen und sind dabei auf das Stehpult gekommen, wobei es sich allerdings in einem etwas herrschaftlicheren Umraum vorgestellt hat. Ich begnüge mich jedoch mit weniger als 20 qm unter einem etwas schrägen, mehr als 3 Meter hohen Plafond. (So ist der Raum überhaupt erträglich für mich!)

Schwarz und (Dunkel)grau (nur ab und zu Dunkelblau, Schwarzblau oder auch dunkles Rostrot) sind auch meine Farben. Ich interessiere mich für Mode, habe in London zum Beispiel das Geschäft von Vivienne Westwood besucht, nachdem ich ihre Biographie gelesen hatte, war aber enttäuscht über die kleine Auswahl. Ich kann mir deine Stretchhose gut vorstellen und kann verstehen, daß sie ein Lieblingsstück ist.

Daß du Steine mit dir herumträgst, finde ich exzellent. Gehst auf Steinen, trägst Steine, aus Stein bist du geworden, wirst wieder zu Stein. (Kirche!)

Vor mir – das heißt: zwischen Tastatur und Monitor - liegen auf der hellgrauen Tischfläche, die in Nabelhöhe eine Ausnehmung hat, sodaß – wenn ich mich vorbeuge – meine Ellenbogen noch auf den beiden Tischrundungen darunter aufstützen kann, vier fast schwarze Steine, ca. 3 cm groß, sehr glatt und kalt. Manchmal nehme ich einen in die Hand, um ihn aufzuwärmen. Oder ich schüttle zwei zwischen meinen gewölbten Handflächen und höre auf das unregelmäßige helle klackende Geräusch.

Natürlich ist meine Zeitgleichung amüsant, weil wahr. Du kannst alles in Zeit ausdrücken, Geld ist nur umgewandelte Lebenszeit. Nicht umsonst heißt es: Zeit sparen. Du scheinst da meist eine Künstlerin zu sein, noch dazu an mehreren Orten allgegenwärtig.

Das ist Internet ist Gott, und über diesen Gott können wir uns schön täuschen über unsere ach so ortsgebundene Körperlichkeit. Wir schlüpfen in diesen Gott, er transportiert uns irgendwohin, in „Echtzeit“, ETWAS VON UNS, wir begegnen uns über diesen Gott und in ihm. Wozu also noch Kirche und Bibel und Weihrauch und Engel und Weihachten?

Wie lautet deine Antwort?

Herzlich, GHO bis morgen!
ALEX

PS: Danke, daß du nochmals auf meinen Traum zu sprechen kamst. Als Trauminterpretation kann ich die Sehnsucht nach der Vergangenheit und die Abwehr der Zukunft annehmen. In der Realität werde ich von anderen Ideen beherrscht. Ich sehe nur die Zukunft vor mir. Die „bessere“ Zukunft ist das nächste Jahr.

PPS: Ich lese äußerst gerne, was du schreibst. Warum? Wegen deiner springenden Lebendigkeit!!

Donnerstag, 8. März 2007

Wed, 29 Nov, 11:42 - 018

Hallo lieber Alex!

Schön, Deine Hausbeschreibung. Klingt altertümlich mit Treppe und Stehpult, Geisterschädel und Kopfmännchen. Nur der Computer paßt nicht in diese "morbide"? Stimmung.

Dieses Wort war mein erster Eindruck von Deiner Behausung. Wie alt ist Dein Sohn?

Was das Aus-dem-Fenster-schauen anbelangt, geht es mir ähnlich. Himmel sehe ich nur, wenn ich mich hinausbeuge. Ich kann nicht weit sehen. Ein enger rechteckiger glasüberdachter Innenhof und Beobachtungsmöglichkeit ins Geschäftsgeschehen. Der Himmel wird noch durch ein Taubengitter unterteilt. Sonne gibt's überhaupt nicht. Doch die gegenüberliegenden Büroräume sind im Sommer mit fürchterlicher Hitze gestraft. Bei mir hat es aber auch so um die 33° an heißen Tagen. Keine Klimaanlage, nur ein Ventilator, der die heiße Luft im Raum verteilt. Im Winter ohne Heizung immerhin noch meist 23°. Deshalb habe ich ständig Fenster und Tür offen, was meine chronischen Rückenschmerzen, die ich mir im Laufe der Jahre zugezogen habe, erklärt. Trotzdem bin ich gerne hier.

Bist du wirklich gestern so zeitig im Bett verschwunden? Ich allerdings schon früher, um ca.22h.

Um 7.40h hast Du richtig vermute, daß ich schon munter war, und zwar seit 5.10h.

Das mit den Muslimen ist ja auch so eine Sache. Ramadan-Fasten mit Inbrünstigkeit während des Tages, aber in aller Hergottsfrühe diese "Hineinmampfen" scheint mir kein besinnliches In-sich-gehendes Fasten zu sein. Den Sinn habe ich nie verstanden. Ob ich jetzt um 4h oder tagsüber esse - nämlich normal - kommt mir nicht sehr religiös vor.

Ich bin übrigens aus der Kirche ausgetreten. Das Ereignis mit Schüller war der Tropfen, der mein Fäßchen zum Überlaufen gebracht hat. Dabei habe ich ein ganz liebes Erlebnis gehabt: Ich habe den Erzbischof zu einem Kaffee eingeladen, eine Gegeneinladung erhalten und bei der Gelegenheit seine Meinung zum Fall Schüller erfahren.

Positiver Sog! Ich nehme an, Du hast Deine Runde absolviert. Warst Du schon bei Vollmond am Kahlenberg? Die Runde "Eiserne Hand-Straße" hinauf und "Nasenweg" über Leopoldsberg herunter? Der Mond spiegelt sich sehr schön im Wasser und liefert genug Licht, den finsteren Nasenweg herunterzustolpern. Ein Erschwernis wäre Glatteis. Das hab ich auch schon erlebt.

Italienische Mode hat den gewissen Pfiff, eine Kleinigkeit im Schnitt, Material des Stoffes, Formen und Farben und eine gewisse Lässigkeit machen das Tragen dieser Kleidung zum Vergnügen. Leider gibt's nicht mehr viele Boutiquen in meiner Umgebung, die nicht so überteuert sind, und trotzdem meinen Geschmack treffen.

Heutige Kleidung : Farben grau und schwarz, Strümpfe (Palmers, schwarz), Body (von Wolford; kennst Du vielleicht diese Trikots, die die Mädchen früher im Turnunterricht getragen haben, elastisch und anschmiegsam, jede Bewegung mitmachend?) grau, schwarze Langjacke (sehr lässig, läßt mich zierlich und schmal aussehen) und Stretchhose in der Grundfarbe Schwarz mit grauem Schlangenmuster (ein Lieblingsstück von mir). Als Straßenkälteschutz trage ich den dunkelgrauen Parka meines Liebsten (den habe ich ihm vor einigen Jahren zu Weihnachten geschenkt; aber er hat ihn nie getragen, weil ich ihn mir gegrapscht habe), schön warm mit zwei Paar Handschuhen und einem Stein in den Taschen. Handschuhe (meist witzige) und Steine findest Du in jeder Außenbekleidung von mir. Die Schuhe heute flach, schwarz (italienische) und relativ bequem. Habe ich Dir einen ungefähren Eindruck von mir heute vermitteln können?

Deine Zeitgleichung ist sehr amüsant. Da muß ich mich ja fragen, was ich mit soviel Zeit anstelle? 10 Stunden!! Ich nehme an, Hausfrauentätigkeiten, Lesen, essen, etc. Nichts Besonderes halt.

Gestern, Dienstag, war Alltag. Ich bin früher vom Büro weggegangen (eine Stunde mehr in der Bilanz), weil ich zum Friseur gehetzt bin (ich hasse Friseusen, auch meine, die fast meine Freundin ist), ich habe mir zwei Zentimeter wegnehmen lassen, getratscht und nach Hause gesaust, gebügelt, gekocht, gegessen, Video geschaut. (Es warten ca. 10 bespielte Kassetten auf mich!) Einen dummen Fernsehfilm weiterzugeschaut, gelesen (nur ein bißchen) und schon weggeschlafen. Heute 5.10h war ich wieder da.

Meinen Anrufer treffe ich heute um 19h und bleibe dort die ganze Nacht, was ein noch zeitigeres Aufstehen 4.30h erforderlich macht. Dann fährt er mich heim, und ich kann mein Morgenprogramm bis zum Arbeitsbeginn abspielen. Duschen, Kaffee trinken, anziehen. (Ich habe nicht so viel; daher dauert das etwas länger, mitunter ist dreimaliges Umziehen nötig.)

Mein rätselhafter Satz war so gemeint: Wenn das Leben seinerzeit schöner war, als es jetzt ist, und auch in nächster Zeit eine solch oder ähnlich schöne Zeit nicht zu erwarten ist, dann "lebt" man mehr in Gedanken bzw. sehnt sich nach dieser (guten alten!) Zeit, also Vergangenheit zurück. Ich habe aber eher Dich gemeint. Wegen des Traumes.

Leider werde ich ständig unterbrochen (arbeitsmäßig) und kann daher nur schnell, was mir so eingefallen ist, ins Mail an Dich verpacken.

Schade, daß ich jetzt wirklich weiterarbeiten muß!
Liebe Grüße
Tina

Mittwoch, 7. März 2007

Wed, 29 Nov, 11:01 - 017

Guten Morgen Alex!

Weißt Du, was heute für ein Tag ist? Leider ein schlechter. Ich hoffe, Dir geht's besser. Möglicherweise hilft Dir das, wenn ich Dir schreibe, daß ich Dein E-Mail schon jetzt vermisse? Zweimal habe ich bei meiner Zuträgerin schon reklamiert.

Dafür erzähle ich Dir ein bißchen was von meinem Stadt-Schreiten:

Diese Woche war's ja der reinste Streß, mit Polizei-, Militär- und Sperrgitter in der Stadt. Aber zu meiner Freude beginnt man heute schon, die Sperrgitter wegzuräumen.

Sag, Alex, weißt Du, was das "Haus" auf dem Parlamentsdach soll? Ich nehme an, wegen Renovierungsarbeiten wurde dort oben eine "Bauhütte" aufgestellt. Es schaut jedenfalls witzig und irritierend aus. Gelesen habe ich aber nichts darüber.

Stressig ist auch das ganze Weihnachtsgetue mit Plastik-Rentieren, aggressiven Lichterketten und dem großen Rummel am Platz vorm Rathaus. Punschstanderl akzeptiere ich ja noch, trinke allerdings ganz selten dieses Gebräu, meist nur Kinderpunsch.

Und erst die vielen Menschen, vor allem abends! Ein mühevolles Vorwärtskommen für eine Stadt-"Sprinterin" wie mich. Reisegruppen sind am schlimmsten. Wie Klötze stehen die - von mir so genannten - "Muttchen"-Typen herum und weichen keine Bauchbreit zur Seite. Allenfalls machen sie völlig unmotiviert ein paar Schritte nach hinten bzw. in die Richtung, aus der ich komme, sodaß ich mit knapper Müh und Not einen Zusammenstoß verhindern kann. So schlängle ich mich bis zu einer "freien" Fläche, um endlich aufatmen zu können. Dort treffe ich vielleicht noch "meinen" Fiaker, der mir schon seit Jahren verspricht, mich von zuhause abzuholen und per "Nobelkutsche" in die City zu bringen. Bis jetzt sind wir aber noch nicht dazugekommen. Von dort aus ist mein Heimweg dann nicht mehr so interessant.

Ja, ich freue mich schon auf "Dich"!
Bis dahin liebe Grüße!
Tina

Montag, 5. März 2007

Tue, 28 Nov, 12:29 - 015

Hallo lieber Alex!

Ist's ein Nachtspaziergang geworden? Mit Sternenhimmel?

Schade, daß die Preisverleihung nicht ganz so war. Im Künstlermilieu bewege ich mich überhaupt nicht, kann daher leider nicht mitreden.

In meinen kleinen Büro umgebe ich mich wirklich im weitesten Sinn mit Büchern. Ich arbeite in einer Finanzbuchhaltung, bin von "Papier" eindeckt und meine Bücher waren früher, was heute der PC ist. Trotzdem gibt's im Hintergrund (in der Firma) jede Menge "echter" Bücher. Mühsam nährt sich das Eichhörnchen = diese Metapher gefällt mir und trifft auf mich (als Angestellte) zu.

Neubaugasse trifft ziemlich genau zu! Mein Gehtempo hast Du richtig bestimmt.

Ich bin Deiner Meinung, was die Lebensintensität betrifft. Leben und Liebe so intensiv genießen zu können und so ineinanderaufzugehen, das ist doch das Höchste.

EDV-Betreuerin war nicht ganz ernst gemeint. Aber da ich kein Internet besitze, ist dieses Persönchen mein erster Ansprechpartner, meine Sekretärin und die liebste Person in meinem Leben. Und außerdem sehr, sehr hübsch.

Wirklich auskommen tu ich nicht jeden Tag mit 5 Stunden Schlaf. Zur Zeit geht es aber ganz gut. Das wirkt sich allerdings auf mein Aussehen aus: geschwollene Augen, fahle Haut, Traummännlein-Blick, realitätsfernes Nicht-wirklich-Dasein (alles ein wenig übertrieben). Einen Tag in der Woche packt's mich dann, und ich kann herrlich einschlafen.

Es freut mich, daß ich ein bißchen deinen Traum deuten konnte. In ziemlich vielen Dingen, Szenen oder Taten in einem Traum kann man Symbolisches erkennen. Wenn die Gegenwart nicht mehr dem erwarteten Standard entspricht und die Zukunft auch nicht als das Wahre erscheint, ist es nicht verwunderlich, wenn man sich lieber in der Vergangenheit aufhalten will.

Liebe Grüße
Tina

Samstag, 3. März 2007

Mon, 27 Nov, 20:07 - 014

Liebe Tina,

heute habe ich das Haus bis jetzt gar nicht verlassen, obwohl ich durchs Fenster gesehen habe, daß es sonnig hat. Ich wollte weggehen, dann wieder nicht, weil ich meine „Freiheit“ genießen wollte. Andererseits habe ich zu wenig Bewegung gemacht. Ich werds noch in der Nacht nachholen, auch wenn’s kalt und windig ist.

Die Preisverleihung am Freitag ist nicht ganz nach meinem Geschmack abgelaufen, weil ich nicht die Leute getroffen habe, die ich erwartet habe. Über die Hintergründe habe ich auch nichts Neues erfahren. Doch die Autorin hat den Preis verdient. Außerdem lebt sie in Berlin, und der Text, der von einer Schauspielerin gelesen wurde, hat mich wieder mit dieser Stadt verbunden. Ich bin dort jedes Jahr mindestens eine Woche.

Es freut mich, daß ich mir jetzt ein Bild von deiner Arbeit machen kann, also den Grund kenne, warum du quer durch die Stadt schreitest. Ich finds schön, daß du relativ autonom arbeiten kannst, wenn auch im üblichen, leider starren Zeitrahmen. Und was machst du in diesem „kleines Zimmer, umgeben von Büchern? Und was heißt: „im weitesten Sinn“?

Zu deinem Die-Stadt-Durchschreiten: ich habe als Student immer in der Josefstadt gewohnt und natürlich alles Wichtige zu Fuß erreichen können, was später nicht mehr der Fall war, weil ich viele Jahre in der Nähe der Alten Donau verbracht habe. 20 Minuten Minimalgehzeit würde bedeuten: Ausgangspunkt ist ein Haus zwischen Kaiser- und Neubaugasse. Stimmts?

Noch einmal zu der Palmen: Ich habe inzwischen ihr erstes Buch begonnen (Die Gesetze), das aus sieben Erzählungen besteht, die sich um eine einzige Ich-Erzählerin – also C.P., zu ihrer Studienzeit – ranken. IM hat „Neid“ hervorgerufen, eigentlich Verstimmung darüber, daß sie eine Glücksgeschichte beschreibt, eine scheinbar vollkommene Beziehung zwischen zwei Menschen, die Tag und Nacht miteinander zu tun haben können, und das in spannender, einander ergänzender Liebe. Eigentlich ist es die Lebensintensität, die eben auch Luxus und Sucht einschließt, genauso wie die Möglichkeit, Gefühle so intensiv und zugleich kindisch wie IM ausdrücken zu können. Ich beneide ihn, so pervers das klingt (postum!), 1. um seine Herkunft und die damit verbundene Leidensklugheit bzw. die Unausweichlichkeit dieses „Schicksals“ (in diesem Gott-Vater-Kind-Dreieck); und 2. um seine Zeit mit der Autorin.

Ich gehe auch manchmal früher schlafen. Gestern zum Beispiel war ich im Kino, in „Les gout des autres“. Dann habe ich mir noch die letzte Viertelstunde von Betrifft angeschaut, dieses Mal – so man in der kurzen Zeit beurteilen konnten – recht souverän von Waltraud Langer geleitet Und dann bin ich „schon“ um ½ 12 ins Bett, ohne noch etwas zu lesen.

„Nachholen“ kann ich Schlaf nicht, aber einmal pro Woche mindestens ist ein Normalschlaf fällig, das heißt: von 6 bis 7 Stunden. Mein Problem hast du schon verstanden: ich übergehe den „Knackpunkt“, und dann bin ich oft hellwach und weiter am Wachleben interessiert. Daß du mit nur 5 Stunden im Durchschnitt auskommst, finde ich bewundernswert. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß das wirklich reicht!

Mir hat deine Traumdeutung gut gefallen, vor allem, weil sie, da du ja eine in jeder Hinsicht „Außenstehende“ bist, zwei Dinge behandelt: meine Traumbeschreibung und dich selbst. Über dich erfahre ich, daß du meinst, Dinge oder Szenen im Traum haben ein symbolische Bedeutung, können also übersetzt werden. Über mich erfahre ich, daß ich mich – verkürzt gesagt – zu viel mit der Vergangenheit beschäftige und mich zu wenig genau auf Zukünftiges vorbereite.

Wenn du dich so gut an deine Träume erinnerst: schreibst du sie dir – manchmal – auf? Oder versuchst du, sie zu vergessen? Oder geht das gar nicht, weil sich die Erinnerung von selbst aufdrängt?

Was das Deuten betrifft, so finde ich immer einen Bezug zum vorhergegangenen Tag oder Abend oder auch zu etwas weiter Zurückliegendes. Ich bewundere dieses scheinbar unerschöpfliche Unterbewußtsein – es ist ja das „zweite Ich“ - und bedaure, daß ich so wenig davon erfahren kann.

Heute ist ein normaler Arbeitstag für mich, das heißt: ich muß zu Mittag ins Institut. Bis dahin genieße ich den blauen Himmel, wahrscheinlich nur durchs Fenster.

Ich wünsche dir Freude während der Arbeit und besonders danach!
Herzlich
ALEX

PS: Stehen die vier x in deiner „Emailadresse“ für Tina oder anstelle der restlichen Buchstaben deines Familiennamens?

Donnerstag, 1. März 2007

Mon, 27 Nov, 16:18 - 013

Hallo Alex!

Ich bin Dir noch eine Antwort auf Deine PS schuldig. Doch zuerst noch zu Connie Palmen. Im "STERN" habe ich einen Artikel über sie und Ischa M. gelesen und aus dem Internet hat mir meine "EDV-Betreuerin" Einiges über ihre Bücher ausgedruckt. Wahrscheinlich kaufe ich mir demnächst ihr Buch.

Zu Deinen PS: Meine Arbeit macht mir Freude. Im weitesten Sinn habe ich auch Bücher um mich. Notwendig ist meine Arbeit für mich auch, finanziell gesehen. Und für die Firma, in der ich beschäftigt bin, ist meine Arbeit ebenfalls wichtig. Allerdings könnte meine Tätigkeit leicht auch jemand anderer erledigen. Möglicherweise zwei andere. Leider ist fast jeder ersetzbar. Ich arbeite in einem Büro. Daher Vorteile durch Gleitzeit und Freitag Frühschluß. Wochenende ebenfalls frei.

Meine Arbeit kann ich mir selbst einteilen und ein kleines Zimmer kann ich auch mein eigen nennen. Mein Vorgesetzter läßt mich im Rahmen meiner Tätigkeit schalten und walten, wie ich will, wobei der Rahmen eher klein ist. Trotzdem genieße ich diese Freiheit, keinen Chef unmittelbar um mir zu haben. Reichen Dir meine Hinweise?

Und Du? Textkorrekturen, freie Arbeitszeit lassen mich vermuten: Lektor, Journalismus, Lehramt?

Bis später
Tina

Dienstag, 20. Februar 2007

Mon, 27 Nov, 13:02 - 012

Hallo lieber Alex!

Schön, nach dem Wochenende wieder von Dir zu lesen. Leider hatte ich keine Internetleitung zur Verfügung, um Dir sofort zu antworten. So sind wir nicht mehr am aktuellen Stand und ich kehre zum Freitag zurück.

Arbeitszeit- und Wochenende-Einteilung nach Druck, Idee und Laune ist sicher nicht schlecht. Ich habe eine starre, nur im geringfügigen Gleitzeitrahmen unterbrochene, Arbeitszeit. Mit angesammelter "Plus"zeit kann ich mir manchmal einen freien Tag ergattern. Bei einem Zeit"Minus" muß ich länger bleiben.

Ich hoffe, Du hast bei der Preisverleihung am Freitag mehr über die Hintergründe der großzügigen Sponsorin erfahren und hoffentlich auch einen unterhaltsamen Abend.

Zum Schreiten: Ich schreite fast jeden Tag von zuhause in die Arbeit, ein schöner Weg quer durch die Stadt und abends, jetzt ist es schon finster, wieder retour. Vom "Fußweg" kann mich nur extremes Glatteis abhalten, sonst gehe ich bei jedem Wetter und komme manchmal ganz schön wettergebeutelt (naß, kalt, erfroren) und zerrupft in der Firma an. Etliche Schirme haben auf diese Weise kaputt gegangen, ebenso Schuhe. Bei Normalgeschwindigkeit (ein bißchen schneller als üblich) schaffe ich es in einer halben Stunde, bei zügigem Schreiten und Ampel-Grün-Phasen in 20 Minuten.

Wo ich schicke Kleidung kaufe? Meistens in der Stadt, ich bevorzuge italienische Mode bzw. zeitlose pfiffige Designerstücke. Boutiquen, die etwas andere Mode anbieten, werden leider immer seltener. Komplimente machen mir sowohl Frauen als auch Männer, auf dem Weg zur Arbeit, in der Arbeit etc. Spontane sind die schönsten.

Du hast Recht, wenn du auf Dauer und Treue setzt, auch mit der Wirkung von Büchern. Connie Palmen werde ich mir auch vormerken. Wenn sie Gefühle wie Neid auf ihre Lebensumstände hervorruft, hat sie doch eine starke Wirkung auf Dich. Reizen Dich Reisen? Umgibst Du Dich gerne mit Luxus? Oder reizt Dich mehr die Gefühlsvielfalt, mit der sie offensichtlich umgeben ist. Übererfüllte Liebeshoffnung klingt doch gut. Gott-Vater-Kind- Beziehungsdreieck läßt eine Riesenpalette an Gefühlen zu.

Behältst Du jeden Tag bzw. jede Nacht Deinen spät/kurzen Schlafrhythmus bei? Vielleicht reicht Dir aber Dein weniger Schlaf. Von früher 8 Stunden bin ich jetzt auch schon bei nur mehr 5 Stunden, brauche aber dazwischen eben den "Nachhol- bzw. Einholeffekt", um nicht zu überdreht zu sein. Daß Du den Ausdruck Nachtschwärmer in Tag-in-die-Nacht-Ausdehner umwandelst, gefällt mir.

Zum Träumen: Ich träume oft und sogar mehrere, auch zusammengesetzte Träume, in einer Nacht. Das artet manchmal so aus, daß ich, wenn ich nach dem ersten Traum erwache, Angst vor dem Weiterträumen habe. Meist ist es auch so, daß besonders bedrückende Träume dann eine Forstsetzung finden. Ich kann mich sehr häufig an das Geträumte erinnern, es aber nie auf eine Lebenssituation deuten. Daher könnte ich Deinen Traum nur dilettantisch behandeln. Als Außenstehende besonders schwer. Ich probier'sich trotzdem:

1. Hast Du Angst, Dir Prioriäten zu setzen, die Dinge nach Wichtigkeit ernst zu nehmen? Bezieht sich auf den Vergleich, bei Deiner Reise im Traum, ohne Videos nach Hause zu kommen.
2. Das Hotel, das sich im Umbau befindet, ist doch so nicht erwartet, wie es sein sollte. Im Gegenteil, es ist völlig zerstört.
3. Du wärst aber bereit, mit dieser Situation umzugehen, d.h. den Schlüssel zu finden, wenn Dich nicht jemand daran hindern würde (die schimpfende Stimme).
Kurz: Noch hindert Dich die Vergangenheit, Deine Zukunft anders zu gestalten, als es jetzt in der Gegenwart ist.

Für heute HWG!
Bis später!
Tina

Sonntag, 18. Februar 2007

Fri, 24 Nov, 14:20 – 011

Liebe Tina,

mein „Wochenende“ hat eigentlich vier Tage, jedoch nur, wenn man es vom Blickwinkel des Jobs betrachtet. Sonst arbeite ich nach Druck und Laune oder wenn ich mich von einer Idee, einem Satz oder auch nur einem Wort belebt fühle.

Heute Abend gehe ich zu einer Preisverleihung (was ich sonst vermeide). Ich mache eine Ausnahme, weil ich eine Autorin, von der ich nichts gelesen, aber schon gehört habe, kennenlernen will Außerdem wurde der Preis von einer mir bekannten Zeitschrift gestiftet, in Wirklichkeit aber von der Frau eines Arztes, ohne daß sie ihren Namen an die große Glocke hängen will. Auch das muß geehrt werden. Das heißt: ich würde gern mehr über die Hintergründe erfahren, weil so etwas völlig ungewöhnlich ist. Preise werden nach Toten (oder Firmen) benannt. Und lebende Sponsoren wollen normalerweise nicht im Hintergrund bleiben.

Gestern um diese Zeit wars genauso schön wie jetzt, weshalb ich die Runde schon am Nachmittag gemacht habe. Da du siehst (manchmal) auch Menschen in den Gärten hinter dem nun schon fast entlaubten Gebüsch und auch auf diesem recht einsamen Weg zwischen den Wochenendhäuschen. Hier in der Nähe gibt eine architektonisch relativ abwechslungsreiche Siedlung von etwa 3 km Länge. Dort bin ich dann auch durchgegangen, an dem Fischteich in der Mitte vorbei. In einem Vorgarten habe ich zu meinem Erstaunen große pralle Khakifrüchte entdeckt, die im ersten Moment wie aus Plastik ausgeschaut haben.

Du hast recht: die Autorinnen und Autoren der Bücher um mich ersetzen mir nicht den direkten Kontakt mit Menschen, egal in welcher Form. Aber über das Medium Buch kann ich mit ihnen als „Geist“, das heißt: als denkende, fühlende, planende, phantasierende Wesen in Kontakt treten, auch wenn sie nicht mehr leben. In diesem Sinn brauche ich nicht ihre körperliche Anwesenheit, wenn aus ihrer Hinterlassenschaft ihr nicht hier gegenwärtiges oder früheres Leben spricht.

Ja, mit Büchern teilst du „das Erlebte der Autoren.“ Aber du bist doch dabei als autonom erlebende Person nicht ausgeschaltet. Das ist ja das Schöne am Lesen, daß es in einer realen Situation passiert, in der die jeweilige Umwelt zwar in den Hintergrund tritt, aber doch auch präsent ist. Ein Buch kann auf vielfältige Weise wirken, aber die Wirkung hängt doch sehr von deiner jeweiligen Verfassung, den Erwartungen und Notwendigkeiten ab.

Noch etwas zu Connie Palmen: Ich bin zwischendurch ihr gegenüber ziemlich kritisch geworden, vielleicht aus Neid auf die Lebensumstände, die sie beschreibt (zum Beispiel ständige das Reisen, nach NY und in andere amerikanische Städte, ihre Übernachtungen in Luxushotels, ihre übererfüllte Liebeshoffnung). Da ich aber über die Bücher, die ich gerade lese, auch mit anderen rede, hat sich das wieder relativiert. Außerdem zitiert sie ihren Liebhaber – IM – wörtlich, was mich wieder ziemlich versöhnt, denn diese Stellen beschreiben den damals mehr als 50jährigen holländischen Juden im Beziehungsdreieck Gott-Vater-Kind; und das fand ich im Moment recht sensationell, weil es ein Licht von innen auf die Welt eines Überlebenden wirft (wie letzten Endes das ganze Buch, aber das war am Anfang nicht so klar).

Was den Schlaf betrifft: ich gehe leider zu spät schlafen und wache – oft – zu früh auf. Dieses Problem verfolgt mich seit vielen Jahren. Ich will nicht ins Bett, wenn ich müde werde, also zwischen 22 und 23 Uhr. Denn da war der Tag noch zu kurz. Aber vor Mitternacht – und noch schlimmer danach – ist das Einschlafen schwierig. Ich bin also kein Nachtschwärmer, sondern ein Tag-in-die-Nacht-Ausdehner. Wie ist das bei dir?

Und zu Glück: im engeren Sinn negativ; Witz: schon, aber meist von mir inszeniert; Hoffnung: ist im Steigen begriffen, im Vergleich zu gestern jedenfalls, wo ich mich einfach kaputt gefühlt habe.

Herzlich
ALEX

PS 1: Ich notiere für dich meinen heutigen Traum, denn ich habe mich gefreut, daß ich ihn behalten konnte:

Ich befand mich vor einem Flug nach New York, und alles ging sehr schnell vor sich. Ich mußte bald bemerken, daß ich meinen Camcorder vergessen hatte. Deshalb überlegte ich, ob ich mir in New York nicht gleich einen neuen kaufen sollte. Ich dachte, es sei schlimmer, ohne Videos nach Hause zu kommen als unnötig Geld auszugeben. Zugleich fürchtete ich, von Straßenhändlern betrogen zu werden.

Dann war ich bereits in einem Hotel, das sich im völligen Umbau befand. In den Gängen hingen Kabel heraus, die Decken waren teilweise durchbrochen, überall lag Bauschutt auf dem Boden. Den Lift konnte man nur mit einem Schlüssel benützen, der sich in einem Glaskasten befand, was jedoch aus irgendeinem Grund verboten war. Als ich ihn trotzdem nehmen wollte, ertönte eine Stimme, die mich unflätig beschimpfte. Davon wachte ich auf. Ich hatte jedoch kein schlechtes Gefühl, sondern war froh, daß ich dieses Mal den Tag mit einer ziemlich klaren Traumerinnerung beginnen konnte. Fällt dir dazu etwas ein? Oder willst du mir einen Traum erzählen?

PS2: Wenn du durch die Stadt schreitest: Wo beginnt dein Weg und wo endet er? Wo kaufst du die schicke Kleidung? Und wer macht dir Komplimente?

PS3: Wie wärs mit einigen weiterführenden Hinweisen, was Arbeit samt Notwendigkeit und Lust betrifft?

Freitag, 16. Februar 2007

Thu, 23 Nov, 15:49 -010

Servus Alex!

Lieb, daß Du gestern meinetwegen Deine Arbeit unterbrochen hast. Noch dazu so spät.

Gut, mach Dir keine Vorstellung von mir. Wenn ich mehr von Dir weiß, schreibe ich Dir meine Vorstellung von Dir, bin neugierig, ob ich die Realität treffe. Kann es sein, daß Du menschenscheu bist bzw. Dir die meisten Leute auf die Nerven gehen? Ich denke das auch wegen des Nicht-Ausschreiten-Könnens in der Stadt. Da habe ich keine Schwierigkeiten mit dem Beobachtetwerden. Im Gegenteil: ich falle gerne auf und möchte nicht in der Masse untergehen. Ich gehe bzw. schreite im Eiltempo fast jeden Tag quer durch die Stadt. Schick angezogen ziehe ich ziemlich viele Blicke auf mich. Mit einem Lächeln auf den Lippen ernte ich Komplimente.

Deine Interpretation der Autoren ist nicht falsch, sie sagen=schreiben Dir Erlebtes, Erfundenes, Vergangenes, aber ersetzen doch keinen Partner, speziell auch im körperlichen Sinne. Mit Büchern erlebe nicht ich selbst, sondern teile das Erlebte der Autoren. Ich trete in deren Welt ein und wenn ich sie wieder verlasse bleibt ebenfalls (wenn es ein gutes Buch war) Leere zurück. Je mehr mich ein Buch ergreift, umso schlimmer ist das Beenden desselbigen.

Wann schläfst Du eigentlich, wenn Du nächtens auf Spazierwegen unterwegs bist?

HWG-Grüße
Tina

Donnerstag, 15. Februar 2007

Wed, 22 Nov, 17:48 - 008

Lieber Alex!

Jetzt habe ich mir Zeit gestohlen, weil es zu verlockend ist, Dir zu antworten. Den Vorteil im Vergleich zur Briefpost sehe ich auch, aber auch den Nachteil, kein Gegenüber zu haben, keine Mimik zu beobachten und kein "fließendes Gespräch" mit allem Drum und Dran (Gelächter, Gestik, Protesten, etc) zu erleben, mit einem Wort: keinen lebendigen Widerpart. Dadurch bin ich geneigt, mir einen Wunschpartner vorzustellen, der in der Realität möglicherweise ganz konträr reagiert. Gegen den Bedenk-Zwischenraum ist nichts einzuwenden. Mit der Tür ins Haus zu fallen ist wirklich nicht erwünscht.

Zur Bücherei: Ich habe jede Menge Neuerscheinungen im Kopf, die ich dann in der Bücherei übrhaupt nicht erhalte oder erst Monate später. Dann begebe ich mich an das Tischchen für faule Sucher, sprich: zu den zurückgegebenen Büchern, die noch nicht eingeordnet sind und hole mir von dort einiges. Danach schaue ich der Bibliokthekarin treuherzig ins Gesicht und hoffe auf Ideen. Erst dann mache ich mich gezwungenermaßen auf den Rundgang, erwische meist die Bücher, die ich schon kenne, resigniere und lese sie ein zweites Mal. An guten "Suchtagen" habe ich oft für mich wirklich interessante Bücher entdeckt. Daß Bücher für das Abdriften der Schlüssel sind, ist ein sehr guter korrekter Schluß. Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten abzudriften. Im Vergleich zu Alkohol und anderen Drogen sind Bücher relativ harmlos.

Zwänge: Ich bin natürlich für mich verantwortlich, aber will nicht "müssen", d.h. mich nicht unter Druck setzen, sondern genießen. Zwänge sind leider genügend vorgegeben, im Beruf wie auch privat. Ich "muß" Geld verdienen, ich "muß" bestimmte Dinge erledigen, obwohl die mir lästig sind: Arztbesuche z. B. und all diese öden Notwendigkeiten wie Friseur, Einkaufen von Lebensmitteln, Alltagstrott eben.

Glücksmomente: Du befindest Dich allein inmitten Deiner Bücher-Schreiber (schön und traurig zugleich). Sie geben Dir aber keine wirkliche Antwort, sprechen nicht mir Dir und interessieren sich nicht für Dich!

HWG gestern: abends die kabarettistische Lesung von Hufnagl = W; ein Lottotip = H; daß ein erwarteter Telefonanruf kam = G.

Wo bleibt die direkte Antwort auf meine Frage: Was gefällt Dir an Dir?

Schönen Abend
Liebe Grüße
Tina

Mittwoch, 14. Februar 2007

Thu, 23 Nov, 23:10 - 009

Liebe Tina,

Dank für das „liebe“-Glücksmoment, das ich temporär – noch dazu rückwirkend - einsetzen mußte, da ich sonst wohl den heutigen Tag unter die stressigen und selbst-bewußten einreihen müßte.

Es ist 22.40 Uhr, und ich unterbreche die Arbeit, die ich morgen früh fortsetzen muß, nur kurz, um ein bißchen zu antworten:

Mit „minimalistischer Engelhaftigkeit, Durchsichtigkeit und Schönwetter-Sinn“ habe ich mich auf deinen Satz: „Ich will mit wenig Aufwand wirken und locker und heiter durch das Leben schreiten.“ bezogen, und zwar

a) Engel schreiten doch locker und heiter durchs Leben zumindest derer, die sie begleiten (ich denke an ein vielleicht dir auch bekanntes Schutzengelbild mit dem Kind auf der Brücke);

b) minimalistisch im Sinn von „wenig Aufwand“;

c) „Durchsichtigkeit und Schönwetter-Sinn“ hat das Wort „heiter“ hervorgerufen (siehe: traumklarer, heiterer Himmel).

Ich habe dir damit keineswegs deine Nebel-Liebe absprechen wollen. Ich find es sogar toll, daß du so bist: denn ich möchte nur – gedämpfte, das heißt auch; indirekte - Sonne, Helligkeit über einen langen Tag, von draußen zumindest.

Heute kann ich gar nicht sagen, ob der Tag hell oder dunkel war. Ich habe um ca. 15 Uhr eine halbe Stunde einen Rundgang gemacht und mir nur gedacht: Aha, bald ist es finster! Und als ich dann nach 2 Stunden wieder auf der Straße war, war es tatsächlich schon stockdunkel.

Obwohl ich von dir kein Bild habe (und ich vermeide auch, mir eines machen), sehe ich keinen Nachteil im Brief-Verkehr. Ich meine, ich hatte zum Beispiel heute genug „"fließendes Gespräch“ und genug „Gegenüber“. Jetzt ist das der Monitor, links und rechts die Bücherwände (solche gibt’s auch in anderen Räumen!), wozu ich aber anmerken darf, daß ich mich nicht, wenn ich allein bin, einsam fühle! Und wenn ich am Weg zwischen den Büschen gehe, dann geschieht das wegen der Geh-Gedanken und des unbeobachteten Ausschreitens. (In der Stadt zum Beispiel kann ich gar nicht schnell gehen, weil ich dabei keine Zuschauer haben will).

Die Bücher, also deren Verfasser sprechen sehr wohl mit mir, ich bin nie traurig, sondern gierig, wiß- und lebensgierig, und es freut mich, daß sie mit mir sprechen, ich also das lesen kann, was sie geschrieben haben (was einmal ihre innere Stimme war). (Aber bei Connie Palmen ist das anders: ich habe sie gesehn, ihre Stimme gehört, und wenn ich ihr Buch lese, verbindet sich meine Erinnerung sehr lebendig mit dem beim Lesen Evozierten.)

So, jetzt ist mir heiß, ich habe ein bißchen Kopfweh. Ein wenig frische Luft um 23 Uhr wäre nicht schlecht!

Viel GHO
nachts und am Tag!
ALEX
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